Velle Verlag | Hallo Ludwigsburg

View Original

Direkt vom Kreißsaal zur Kita-Anmeldung

Seine Frau hat alles gegeben. Presswehen um 5 Uhr morgens, kurz vor 6 war er da. Die Schweißperlen standen auch dem Vater auf der Stirn. Endlich geschafft! Jetzt brauchen Mutter und Baby Ruhe. Der frisch gebackene Papa verlässt das Krankenhaus und geht schnurstracks … zur Kita-Anmeldung.

Carola Miethe, städtische Koordinatorin für die Kinderbetreuung, nimmt den Anmeldezettel persönlich entgehen. Und staunt. Manche Eltern haben es wirklich eilig! Andere warten bis zur letzten Minute — am 15. Februar ist der jährliche Stichtag — um ihr Kind für das kommende Kita-Jahr anzumelden.

Bekommt mein Kind einen Kita-Platz in Ludwigsburg?

Bis 2017 stieg die Geburtenrate in Ludwigsburg stetig an. Diese Kinder kommen jetzt in die Kita. Die Betreuungsplätze werden ausgebaut, doch im U3-Bereich hakt es noch gewaltig. Aktuell kann man froh sein, wenn man sein Kind in der Dritt- oder Viertwahl-Einrichtung unterbringt oder in einer der teuren privaten Kitas — bevor man ganz ohne Betreuung dasteht.

Doch wie entscheidet sich eigentlich, wer einen Platz in einer Ludwigsburger Kindertagesstätte bekommt und wer nicht? Letztes Jahr gingen einige meiner Bekannten leer aus. Verzweifelt versuchten sie dann, das System zu verstehen — und irgendwo noch einen Restplatz für ihr Kind zu ergattert.

Wann soll ich mein Kind anmelden? Sind Tageseltern eine Alternative? Und wie fülle ich das Bewerbungs-Formular so aus, dass es klappt?

Ich habe die Frau getroffen, die all das wissen muss.

Carola Miethe ist die beste Stellenbesetzung, die ich mir für die Position der städtischen Kita-Koordinatorin vorstellen kann. Ich selbst habe sie einige Male verzweifelt angerufen (Wieder-Jobeinstieg mit Baby? Wie finde ich nach dem Umzug eine Kita? Was ist mit dem kleinen Bruder?) und hatte stets eine tiefenentspannte, unendlich freundliche Frau am Hörer. Die es verstand, mich zu beruhigen und mir maximale Zuversicht zu geben, dass alles gut wird.

Sie kann das wirklich. Und sie macht es sehr, sehr gut. Natürlich hat Frau Miethe auch Zeit für ein Interview, um mir alle Fragen zu beantworten, die einem als Eltern im Zusammenhang mit der Kita-Anmeldung kommen könnten.

Für euch habe ich sie befragt, liebe Eltern. Damit ihr mehr Transparenz habt, wie hier entschieden wird. Wisst, worauf ihr achten solltet. Und euch auch ein bisschen entspannt.


Interview von Tabea Lerch
mit Carola Miethe

»Ich führe die Eltern durch den Dschungel«


Frau Miethe, Sie sind die städtische Koordinatorin für die Kinderbetreuung?

Carola Miethe: Nicht ganz, ich koordiniere die Anmeldung von Betreuungsplätzen durch die Eltern. Ich nehme sie ein bisschen an die Hand und führe sie durch diesen Dschungel.

Für wie viele Einrichtungen sind Sie zuständig?

Carola Miethe: Wir verwalten bei der Anmeldung alle Einrichtungen in Ludwigsburg — egal, welcher Träger. Alle sind bei uns in der Anmeldeliste mit drin. Da gibt es keine Ausnahmen.

Wie viele Einrichtungen sind das?

Carola Miethe: 72 sind es. Im Frühjahr kommt mit dem privaten »Early Bird Club« in der Salonallee noch eine neue Einrichtung dazu.

Ist das eine Kita oder eine Krippe?

Carola Miethe: Beides, die haben 20 U3- und 30 Ü3-Plätze.

Wie kommt es denn, dass in Ludwigsburg alles zentral geregelt wird?

Carola Miethe: Ursprünglich habe ich die Koordinierung in der »Beratungsstelle zur Betreuung für Kinder unter drei Jahren« angetreten. Die ist im Zuge des Rechtsanspruchs entstanden und war eigentlich nur für unter Dreijährige gedacht. Nach und nach kamen auch Eltern mit vierjährigen Kindern dazu. Die konnte ich ja nicht vor den Kopf stoßen. So hat es sich in den Anfängen entwickelt. Mit der wachsenden Platzknappheit hat dann die Stadt entschieden, dass alle Eltern Unterstützung erhalten sollen, die es wollen. Und jetzt heißt es ganz allgemein: »Beratungsstelle Kinderbetreuung«.

Wie finden die Einrichtungen es, dass das alles zentral geregelt wird?

Carola Miethe: Es gibt bei allem immer befürwortende und ablehnende Haltungen. Grundsätzlich vergeben die Träger ihre Kita-Plätze, wir koordinieren nur die Anmeldung und sorgen in den Abgleichgesprächen dafür, dass kein Kind verloren geht. Es ist so, dass wir hier eng zusammenarbeiten. Ich koordiniere die Abgleichgespräche. Die Einrichtungsleitungen kommen zu mir und wir wägen die Platzvergabe ab. Wir haben jedoch keine zentrale Platzvergabe, nur die Anmeldung erfolgt zentral. Die Anmeldung kann dadurch in der Einrichtung, im Rathaus oder beim Träger abgegeben werden. Die Pflege und Verwaltung der Anmeldung erfolgt dann bei uns im Rathaus.

Was machen Sie noch?

Carola Miethe: Ich unterstütze die Einrichtungen dabei, Plätze zu belegen, die frei geblieben sind. Und wenn Eltern leer ausgegangen sind oder neu zuziehen, dann wenden sie sich in der Regel an die Beratungsstelle. Ich kann dann auf freie Plätze verweisen. Das ist natürlich eine große Hilfe, denn sie wissen: Ah, da gibt es noch Möglichkeiten.

Absolut! Lassen Sie es uns einmal chronologisch durchgehen: Am 15. Februar ist Bewerbungsschluss für das kommende Kita-Jahr. Da geht doch wahrscheinlich für Sie die Hauptarbeit los?

Carola Miethe: Genau, meine Kollegin gibt alle Anträge ins Computersystem ein. Alle Anträge, die bis zum Stichtag 15.2. eingegangen sind, werden bei der Platzvergabe für das nächste Kindergartenjahr, das im September losgeht, berücksichtigt. Für uns heißt das, dass wir Listen erstellen: Zum einen eine Gesamtliste aller angemeldeten Kinder. Und zum anderen eine Liste nach Bezirken. Und mithilfe dieser zweiten Liste führe ich dann elf Abgleichgespräche mit den Einrichtungsleitungen der elf Bezirke.

Wie kann ich mir das vorstellen?

Carola Miethe: Die Leitungen kommen zu mir, wir gehen alle angemeldeten Kinder im Kindergartenbezirk durch und erstellen eine Vorschlagsliste für den Träger, damit sie die Plätze dann vergeben können.

Sie beziehen sich erst einmal nur auf den Erstwunsch. Aber man kann doch bis zu vier verschiedene Kitas angeben …

Carola Miethe: Genau. Die Wunscheinrichtung wird zuerst berücksichtigt. Wenn die Wunscheinrichtung sagt: »Ich bin voll, ich kann das Kind nicht aufnehmen«, dann gucken wir nach den Alternativen, die angegeben wurden.

Ist das Alter das Hauptkriterium für die Vergabe der Plätze? Kommen die Ältesten zuerst zum Zuge?

Carola Miethe: Wir haben verschiedene Kriterien, die wir berücksichtigen. Dabei spielt das Alter natürlich auch eine zentrale Rolle. Hier haben wir zum Beispiel die Liste aus dem letzten Jahr für Hoheneck. Ganz oben steht das älteste Kind mit fünf Jahren. Das ist 2013 geboren und wird zuerst berücksichtigt. Das jüngste wurde am 8.2.2019 geboren, also kurz vorm Stichtag, und wurde gleich noch angemeldet. Wir gehen also von oben nach unten durch. Wenn die Wunscheinrichtung sagt »geht nicht«, dann gucken wir nach den Alternativeinrichtungen. Und wenn gar nichts geht, dann erhalten die Eltern ein Angebot von mir, weil wir die über Dreijährigen natürlich innerhalb des Kindergartenbezirks versorgen wollen.

Manchmal gelingt uns dies leider nicht. Da habe ich Kinder auf der Liste, die haben am gleichen Tag Geburtstag und ich habe nur einen Platz. Dann kommen andere Kriterien zum Zuge. Ich gucke zum Beispiel, ob beide Eltern berufstätig sind. Oder ist vielleicht einer alleinerziehend? Besucht das Geschwisterkind bereits die Einrichtung?

Im U3-Bereich können wir den Abgleich aber so nicht machen. Denn bei unter dreijährigen Kindern suchen die Eltern im gesamten Stadtgebiet. Da ist die Einrichtungsleitung diejenige, die vor Ort prüft, dass die Gruppe zwischen null und drei Jahren gut altersdurchmischt ist.

Aber bei den Ü3-Kindern kann jeder gewiss sein, da geht es vorrangig nach dem Alter des Kindes.

Machen Sie das alles händisch? Für mich hört sich das nach einem Marathon an.

Carola Miethe: Die Abgleichgespräche ja. Und ja, es ist wirklich viel. Aber es macht sehr viel Sinn, denn mit diesen Listen arbeite ich das ganze Jahr. Ich habe sie immer griffbereit. Wenn Eltern mich anrufen — viele hören ja irgendwas auf dem Spielplatz — dann fragen sie: »Meine Nachbarin hat einen Platz, wieso haben wir keinen bekommen?« Und dann kann ich anhand der Liste sagen: Das ist aus diesem oder jenem Grund so. Das ist wirklich sehr, sehr hilfreich! Oder wenn ein Platz frei werden sollte, kann ich wartenden Eltern sagen, dass sie jetzt in der Einrichtung die Möglichkeit haben, eine Anmeldung abzugeben.

Wie lange brauchen Sie für diese Gespräche? Wie viele Tage sind das?

Carola Miethe: Wir fangen am 20.2. an und brauchen drei Wochen. Jeden Tag machen wir ein Abgleichgespräch, das letzte Gespräch ist am 10.3. Ab dem 15.3. gehen die Zusagen raus.

Wie viele Bewerbungen bekommen Sie insgesamt?

Carola Miethe: 1.500 sind es im Moment, drei Wochen vor dem Stichtag.

Und wie viele Plätze haben Sie zu vergeben?

Carola Miethe: Das kann man jetzt so pauschal noch nicht sagen. Das kommt darauf an, wie viele Kinder in diesem Jahr in die Schule wechseln. Das ist immer sehr spannend. Im letzten Abgleich war es so, dass mir Einrichtungen sagen mussten: »Wir können niemanden aufnehmen, nur die Geschwisterkinder. Wir haben dermaßen Personalnotstand, dass wir keine Kinder eingewöhnen können.« Das ist dann natürlich die größte Überraschung.

Was ich auch spannend finde: Werden denn alle Kinder, die jetzt angemeldet werden, untergebracht? Ich habe zum Beispiel auch gehört, dass letztes Jahr 20 Prozent der Kinder keinen Platz bekommen hätten.

Carola Miethe: Was uns richtig herausfordert, sind die seit 2017 steigenden Kinderzahlen, die sehr geburtenstarken Jahrgänge: Die vielen benötigten Krippenplätze für die unter Dreijährigen haben wir natürlich nicht. Aber die Kindertagespflege ist für Kinder unter drei Jahren ein gleichrangiges Angebot für die Betreuung. Dorthin verweise ich auch in meinen Beratungsgesprächen. Ich lege den Eltern immer wieder ans Herz, dass sie auch nach einer Tagesmutter gucken können.


Der Kita-Platz-Check

Gibt es genug Plätze?

Im aktuellen Kindergartenjahr 2019/20 gibt es für die kleinen Kinder unter drei Jahren viel zu wenig Plätze. Am besten sieht es noch in der Weststadt Süd aus, wo 65 Prozent der U3-Kinder mit einem Betreuungsplatz versorgt werden konnten. In Oßweil sind es gerade einmal 25 Prozent, im Schlösslesfeld magere 32 Prozent. Im Durchschnitt bekommt stadtweit gerade mal jedes dritte U3-Kind einen Platz. Bei den älteren Kindern gibt es diese Probleme nicht. Hier können stadtweit alle Kinder versorgt werden.

Wird es 2020/21 besser?

Nein. In der Beschlussvorlage »Maßnahmen zur Bedarfsplanung Kindertageseinrichtungen für das Kindergartenjahr 2020/21«, die am 29.1.2020 im Gemeinderat verabschiedet wurde, heißt es: »Die angespannte Lage in Ludwigsburg wird sich auf dem Niveau des Kindergartenjahrs 2019/20 halten.«

Beschlussvorlage »Maßnahmen zur Bedarfsplanung Kindertageseinrichtungen für das Kindergartenjahr 2020/21« im Gemeinderat, Ludwigsburg.


Sind denn die Tageseltern gut ausgelastet? Oder könnten die auch noch mehr Kinder aufnehmen?

Carola Miethe: Die sind, glaube ich, auch gut ausgelastet. Ich höre immer, dass die Eltern dort warten müssen.

Ja, das weiß ich aus eigener Erfahrung.

Carola Miethe: Ein besonderes Angebot sind unsere Kindernester. Kindernester sind Tageseltern, die in einer angemieteten Wohnung mit einer Kollegin oder einem Kollegen zusammen sieben bis neun Kinder betreuen. Die Nester sind wirklich das Beste, was uns im Rahmen der Kindertagespflege passieren konnte. Davon könnten wir noch jede Menge brauchen!

Machen wir mal weiter: Ab dem 15. März gehen die Zusagen raus! Gibt es dann viele Eltern, die sich bei Ihnen melden und nicht zufrieden sind mit der Zuteilung?

Carola Miethe: Natürlich haben wir auch Beschwerden. Eltern fragen, wieso sie nicht ihren Wunschplatz bekommen haben. Das ist dann die heiße Phase hier. Die Eltern haben zwei Wochen Zeit, ihren Platz anzunehmen oder auch nicht.  

Wie reagieren Sie auf die Beschwerden?

Carola Miethe: Dann erkläre ich das.

Die Liste auspacken und erklären?

Carola Miethe: So ähnlich. Natürlich zeige ich die Liste aus Datenschutzgründen nicht. Aber ich kann anhand der Liste erkennen, wieso, weshalb, warum ... Das ist schon viel Geschäft, aber deswegen sind diese Listen Gold wert. Die Eltern sind schon manchmal in Not, manche sind jedoch auch unverschämt. Sie haben etwas gehört und dann wollen sie natürlich von mir eine Antwort. Ich erkläre es dann einfach noch mal.

Wie viele Eltern erklagen sich ihren Platz?

Carola Miethe: Bisher hat kein Elternteil eine Klage eingereicht. Es gab natürlich schon mal die eine oder andere anwaltliche Korrespondenz, aber bisher konnte immer eine gütliche Lösung gefunden werden. Sicher immer mit Abstrichen, aber eine Lösung.

Man hat eben immer seine eigene Perspektive.

Carola Miethe: Genau, Sie waren ja selber mal als Mutter hier in der Beratungsstelle. Wir geben uns größte Mühe.

Klar. Und bekommen Sie auch mal Dank oder Lob?

Carola Miethe: Oja, das freut mich auch sehr. Immer wieder gibt es nette, wirklich dankbare Rückmeldungen von Eltern. Es freut mich, wenn ich weiß: Da konnte ich helfen und natürlich freue ich mich, wenn jemand in Not vor mir steht und ich sagen kann: »Ich habe hier einen Platz für Sie.«

Müssen Sie auch oft trösten?

Carola Miethe: Manchmal leider schon. Ich höre viele Geschichten.

Das glaube ich. Noch mal zur Kindertagespflege: Die Kindernester wählen die Kinder selbst aus, oder?

Carola Miethe: Genau. Sie können selbst Kontakt zum Kindernest aufnehmen. Und bei der Tagespflege verweise ich immer an das Kompetenzzentrum vom Landratsamt. Denn die Kindertagespflege ist Aufgabe vom Landkreis.

Ich glaube, die Eltern haben viel Glück, dass Sie die Beratung machen und nicht jemand anderes. Nach meinem Eindruck sind Sie sehr verständnisvoll und können gut auf die Leute eingehen.

Carola Miethe: Ich habe immer schon mit Menschen gearbeitet, das war immer schon meins. Früher war ich Grundschullehrerin in Ostdeutschland. Danach ging ich nach Nordrhein-Westfalen, wo ich unter anderem in der offenen Jugendarbeit gearbeitet habe. Die nächste Station war dann Ludwigsburg. Beim Tageselternverein betreute ich die Tagesmütter. Und heute bin ich hier in der Beratungsstelle.

Hat sich an Ihrer Arbeit im Laufe der Jahre etwas verändert?

Carola Miethe: Ich habe einen Rundumblick. Am Anfang musste ich bei jedem Telefonat die Abgleichliste herausholen, ich konnte mir die Vielzahl an Informationen gar nicht alle merken. Nun weiß ich tatsächlich vieles auswendig.

Und haben sich die Eltern im Laufe der Zeit verändert?

Carola Miethe: Viele sind sehr dankbar. Sie gehen erleichtert aus meiner Beratung heraus, weil ich den Druck rausnehme. Ich glaube, viele haben wirklich dieses Gefühl: »Oh, Gott sei Dank, ist ja doch alles nicht so schlimm!« Das erreicht man nur mit einer persönlichen Beratung.

Und die Betreuungszeiten, die gewünscht sind, haben die sich verändert?

Carola Miethe: Ganztagsbetreuung ist natürlich sehr gefragt. Das kann aber in jedem Kindergartenbezirk anders sein. In der Oststadt und in Oßweil werden beispielsweise längere Betreuungszeiten nachgefragt.


Spannend! Ich habe Ihnen ein paar Fragen mitgebracht,
die sich viele Eltern stellen. Hier die erste:

Ist es sinnvoll, dass ich vier verschiedene Einrichtungen angebe? Oder nur eine einzige? Denn dann komme ich ja auf jeden Fall dorthin.

Carola Miethe: Es ist immer gut, wenn ich Alternativen habe. Von daher ist es sinnvoll, alle Alternativvorschläge aufzuführen, die es gibt.

Und wenn ich neu hergezogen bin, werde ich dann bei der Vergabe bevorzugt?

Carola Miethe: Die Anmeldezeit oder der Zeitpunkt des Zuzuges in Ludwigsburg ist nicht ausschlaggebend für die Aufnahme des Kindes in eine Einrichtung. Wie ich vorhin schon sagte, sind Alter, Geschwisterkinder, Wohnort des Kindes usw. Kriterien der Vergabe. Das ist manchmal bitter, wenn wirklich ganz oben auf der Anmeldeliste ein Dreijähriger steht, der schon ewig wartet. Dann zieht auf einmal ein Fünfjähriger zu und kriegt den Platz. Doch ein Kind sollte, bevor es in die Schule geht, im Kindergarten gewesen sein, damit die spezielle Förderung dieser Kinder auch ermöglicht werden kann.

Und wie kommt es zum Beispiel, dass in der Kita in der Leonberger Straße, die Stadtmäuse, nahezu 100 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund haben?

Carola Miethe: Wir haben in Ludwigsburg im Bereich der frühkindlichen Bildung gesamtstädtisch ca. 60 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund. Dabei gibt es Stadtteile, in denen der Anteil höher oder niedriger ist. Die Innenstadt ist ein klassischer Bezirk mit einem höheren Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund.

Die U3-Plätze reichen aktuell nicht ...

Carola Miethe: Das ist so. Von daher sind wir immer auf der Suche nach Räumlichkeiten, z.B. für Kindernester. Zudem gibt es ein Ausbauprogramm für die Kinderbetreuung, welches im Oktober im Ausschuss für Bildung, Sport und Soziales vorgestellt wurde. Erster Bürgermeister Konrad Seigfried (zuständig unter anderem für Bildung und Familie, d.R.), ist ein Mann der Tat. Er setzt sich besonders für unsere Kindernester ein. Vielleicht hat ja eine Leserin oder ein Leser von »Hallo Ludwigsburg« eine Wohnung zwischen 90 und 115 m² im Erdgeschoss. Einfach bei uns melden.

Verstehe. Gibt es noch etwas, was Sie den Eltern sagen wollen?

Carola Miethe: Oh ja, gerne. Die Anmeldungen müssen nicht zum Stichtag abgegeben werden. Sie können ganzjährig ihre Anmeldungen bei uns einreichen. Je früher die Anmeldung bei uns eingeht, desto früher können wir die Daten verarbeiten. Das ist organisatorisch für uns einfacher. Manche Eltern melden ihr Kind jetzt schon an für das übernächste Kindergartenjahr. Die Wartezeit auf den Stichtag der gewünschten Aufnahme hat aber keinerlei Auswirkungen auf die Vergabe der Plätze. Es reicht also, wenn sie spätestens im Februar ihre Anmeldung abgeben.

Es gibt noch eine Sache, bei der ich noch nicht weiß, wie das funktioniert: Wenn das neue Kita-Jahr im Herbst anfängt, dann kommen ganz viele Kinder auf einmal in eine Einrichtung. Die können ja nicht alle gleichzeitig eingewöhnt werden. Das geschieht dann gestaffelt, manchmal über ein halbes Jahr …

Carola Miethe: Genau. Das kann schon sein, wenn sehr viele Kinder neu sind, muss die Eingewöhnung in Absprache mit der Einrichtungsleitung und den Eltern passieren.

Genau. Aber wer trifft da die Entscheidung: Wer kommt als erstes und wer später?

Carola Miethe: Wie die Eingewöhnung organisiert und geplant wird, entscheiden die Einrichtungen vor Ort. Ich sage den Eltern schon bei der Anmeldung: Sie kriegen eine Zusage für das Kindergartenjahr, das im September startet. Das heißt aber nicht, dass sie direkt im September schon aufgenommen werden. Nicht jeder möchte zum September aufgenommen werden. Anders als in der Schule, kann die Aufnahme im Kindergarten ganzjährig erfolgen.

Das ist wichtig. Was ist das Verrückteste, das Sie erlebt haben?

Carola Miethe: Ich hatte mal einen Vater, der ist aus dem Kreißsaal direkt zu mir gekommen, um sein neu geborenes Kind anzumelden. Glauben Sie das? Oder es war mal ein Ehepaar bei mir, sie hochschwanger, das mir sagte: »Frau Miethe, wir sind eigentlich jetzt schon in der Klinik, aber wir müssen noch ein bisschen laufen und da haben wir gedacht, wir gehen direkt in die Beratungsstelle.« Und um elf Uhr abends dann habe ich wirklich vom Vater die Mail bekommen, dass das Kind auf der Welt ist – mit dem Aufnahmeantrag im Anhang. 

Das zeigt natürlich auch, dass viele Panik haben. 

Carola Miethe: Eben, weil da so viel von abhängt. Und, das ist auch noch wichtig: Es gibt das Gerücht, je früher man anmeldet, desto mehr Chancen hat man. Das stimmt nicht.

Das ist gut zu wissen!
Frau Miethe, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Das Interview führte Tabea Lerch.



Bildquellen
Titelbild: Shopify Partners
Büro: Hallo Ludwigsburg/Tabea Lerch
Familienspaziergang: Emma Bauso
Kinder auf Wiese: Stadt Ludwigsburg
Kinder auf Bank: tolmacho
Mädchen mit Farben: Christopher Ryan
Rucksäcke: Matthew Henry
Bauklötze: Sarah Pflug

See this content in the original post