Moderne Architektur in der Barockstadt
Lust auf einen Architektur-Spaziergang durch unsere City? Ich verspreche euch ein paar hübsche Fundstücke moderner Architektur mitten im Barock. Kommt mit!
Nachhaltig nächtigen
Hotel Bergamo
Ludwigsburg hat seit 2019 endlich sein Designhotel. Und das verschönert auch noch eine der — ich sag mal: »anspruchsvollsten« Gegenden der Innenstadt. Direkt hinter der ungeliebten Bausünde der 1970er, dem Marstall-Hochhaus, befindet sich ein unwirtlicher Straßenzug mit Tiefgaragenzufahrten.
Die Stuttgarter Architekten VON M
haben hier ein kleines Wunder vollbracht.
Das moderne Gebäude in Holzbauweise korrespondiert nicht nur perfekt mit der urbanen Beton-Umgebung, sondern dank Satteldach-Silhouette auch mit den historischen Wohn- und Geschäftshäusern hier. Die nachhaltige, energieeffiziente Bauweise kommt elegant daher. Die schlichten Zimmer im Scandi-Schick sind hell und hochwertig mit viel Holz und Naturmaterialien ausgestattet.
Das Schönste aber vielleicht ist: Die Übernachtung im Hotel Bergamo ist dank einfacher, aber zeitgemäß lässiger Funktionalitäten durchaus erschwinglich. Und die Lage — beinahe gegenüber dem Eingang zum Barockschloss und mitten in der Innenstadt — absolut ideal für einen City-Trip.
Modernes Küchenzentrum
Einfamilienhaus D
Die Küche ist das Herzstück beim Wohnen, sagt man. Bei diesem Haus stimmt das wortwörtlich: Der lange Küchenschrank zieht sich durch den gesamten offenen Raum des Geschosses. In ihm gehen Küchenborde, Wohnzimmerregale und weiterer Stauraum nahtlos ineinander über.
So schlicht und dennoch imposant ist auch das Äußere des kubischen Wohnhauses vom Ludwigsburger Architekten Kai Dongus, in dem er seit zehn Jahren mit seiner Familie lebt. Nach vorn und zur Nachbarschaft bleibt es förmlich und elegant zurückversetzt. Mit großen Fensterflächen öffnet es sich dann hinten großzügig und beinahe nahtlos in den wilden Garten.
Nach dem Baukastenprinzip
Cube 11
Die kastenartigen Holz-Gebäude findet ihr inzwischen an mehreren Standorten im Stadtgebiet. Sie dienen zum Beispiel als Anschlussunterbringung für Geflüchtete oder Wohnheim für Studierende. Dabei sind die Häuser so schlicht wie genial — und haben ein tolles zeitgemäßes Äußeres, wie ich finde.
Genial sind sie deswegen, weil aus vorgefertigten Teilen gebaut wird.
Die Module können individuell erweitert oder angeordnet werden, sodass für jede Gegebenheit und Anforderung schnell und kostengünstig das passende Gebäude errichtet wird. Das besteht vorwiegend aus nachwachsenden Baustoffen, ist ressourcen- und energieefizient. Dafür wurde das System, das für die Wohnungsbau Ludwigsburg entwickelt wurde, schon zweimal ausgezeichnet.
In unserer Nachbarschaft steht seit ein paar Jahren ein solches Cube-11-Gebäude. Es sieht mit seiner langsam vergrauenden Holzfassade schick aus und passt prima in unser grünes Wohngebiet.
Mittagessen im Schwimmbecken
Mensa Stadtbad
Ja, ihr seht richtig: Modern kann auch mal Altes sein. Bis vor ein paar Jahren wurde im historischen Jugendstil-Schwimmbad noch geplanscht und geschwommen. Seit 2019 sitzen hier die Schüler:innen des Innenstadt-Schulcampus im Schwimmbecken beim Mittagessen. Und genau das ist das Besondere an dieser Sanierung:
Um aus dem alten Stadtbad eine moderne Mensa zu machen, wurde das Gebäude nicht komplett umgebaut — im Gegenteil.
So viel wie möglich wurde von der alten Substanz erhalten, auch Türen, Wände, Treppen. Kleine Räume, die früher für Wasseranwendungen genutzt wurden, sind heute Arbeitsräume, die alten Badewannen wurden mit einer Tischplatte zu Schreibtischen umfunktioniert. Und, keine Angst, im Schwimmbecken sitzt keiner im Wasser. Der Boden des Beckens wurde angehoben und mit wasserblauem Linoleum belegt. Der Beckenrand wurde mit Sitzflächen aufgepolstert, die Griffstangen der Einstiegstreppen stehen noch. Die Illusion — und die Erinnerung — sind perfekt.
Die Mensa im alten Stadtbad ist leider nicht öffentlich zugänglich. Wer heimlich einen Blick ins Innere erhaschen möchte, muss mittags zu Schulzeiten kommen.
Wohnen auf der Insel
Mikrohofhaus
Rauschen tut hier nicht das Meer, sondern der tosende Verkehr entlang der B27. Auf einer Verkehrsinsel an der Sternkreuzung, der wohl am meisten befahrenen in der Innenstadt, steht ein schwarzer Holzkasten: ein Tiny House, gerade mal 7,3 Quadratmeter groß, umgeben von einer schützenden Holzwand, die einen niedlichen kleinen Garten mit Teich einrahmt.
Dauerhaft wohnt hier allerdings niemand.
Das Mikrohofhaus, entworfen von den Stuttgarter Architekten Atelier Kaiser Shen, war 2018 der Sieger des Wettbewerbs »Raumpioniere — Wohnen auf kleinstem Raum« der Stadt Ludwigsburg, für den ausgelotet werden sollte, wie die Zukunft des Wohnens in beengten urbanen Sourroundings aussehen kann. Inzwischen hat es einige Architektur- und Design-Preise eingeheimst und Projekte wie Doku-Film-Drehs oder die probewohnende Bloggerin @_wastelandrebel_ beherbergt. Zum »Wohnen auf Zeit« konnten auch Privatpersonen für einige Tage hier einziehen.
Und obwohl das Mikrohofhaus nur als temporärer Bau gedacht war, steht es noch heute. Wenn du Glück hast, ist der Zugang geöffnet und du kannst einen Blick hineinwerfen. Über Öffnungszeiten informiert auch das MIK Ludwigsburg Museum.
Bildquellen
Hotel Bergamo: Brigida Gonzáles
Einfamilienhaus D: Kai Dongus
Cube 11: Wohnungsbau Ludwigsburg GmbH
Stadtbad-Mensa: Dietmar Strauß
Mikrohofhaus: Nicolai Rapp