Ludwigsburger Originale: Das Toilettenpapier
Schon mal vom Ludwigsburger Erfindergeist gehört? Tatsächlich sind einige bekannte Produkte in Ludwigsburg erfunden worden — oder von Ludwigsburger:innen. Zum Beispiel das Streichholz. Das Aspirin. Der Leitz-Ordner. Und auch das Toilettenpapier. Naja, jedenfalls das Zweilagige. Und das Feuchte … aber lies selbst.
In lockerer Abfolge stellen wir euch diese großartigen Erfindungen vor und erzählen, wie sie entstanden sind. Den Anfang macht heute das Klopapier. Warum? Weil heute »Tag des Toilettenpapiers« ist.
Die Erfindung des
Toilettenpapiers
Bekanntlich haben die Chinesen das Papier erfunden. Verständlich, dass sie es nicht dabei beließen. Und bald nach neuen Einsatzmöglichkeiten neben dem Schreiben für ihr Papier suchten. Und letztlich auch das Klopapier erfanden. Schon 1391 wurde es für den chinesischen Kaiser hergestellt. Es muss ihm gefallen haben, sich so zu reinigen, denn das kaiserliche Versorgungsamt ordnete bald eine Jahresproduktion von 720.000 Blatt an.
Die Blätter sahen aber nicht so aus wie heute bei uns — sie waren riesig! Jedes Blatt maß etwa 60 x 90 Zentimeter. Klingt für mich unpraktisch, aber gut — für den Anfang schonmal ganz brauchbar. Da Papier weiterhin kostbar war, durfte nach dem Kaiser erstmal nur die chinesische Oberschicht ran und an dem Toiletten-Fortschritt teilhaben.
Und bei uns in Europa?
Da reinigten die Menschen ihren Hintern zur gleichen Zeit noch mit Lumpen oder Schwämmen. Auch Steine, Moos, Tonscherben, Stroh, Blätter, Sand, Schnee, oder Wasser kamen zum eher unrühmlichen Einsatz. Oft tat es auch einfach die bloße Hand. Auf fabrikmäßig hergestelltes Klopapier mussten die Europäer noch viele Jahrhunderte warten.
In den USA produzierte ab 1857 als erstes der US-Amerikaner Joseph Gayetty modernes Klopapier. Die einzelnen Blätter waren mit Aloe Vera getränkt und in einer Schachtel verpackt. Das perforierte Toilettenpapier zum Abreißen kam erst 1890 in die Läden.
Die Deutschen halfen sich mit Zeitungen aus
Abreißen konnte man in Deutschland auch — aber von perforiertem Klopapier konnte noch lange keine Rede sein! Denn die Menschen nutzten bis weit nach dem zweiten Weltkrieg alte Zeitungen als Reinigungsmittel für den Po. Neulich erzählte mir ein Freund, dass seine schwäbische Oma das heute noch so hält — echt wahr! Das sei eben »günschtiger«. Die Zeitungen wurden klein geschnitten, gelocht, mit einem Faden zusammengebunden und an einem Nagel aufgehängt. Bei Bedarf riss man sich welche ab.
Jetzt endlich kommt Ludwigsburg ins Spiel
In Deutschland war es Hans Klenk, der 1928 in Ludwigsburg die erste Toilettenpapierfabrik baute. Mit Hakle wurde er zu einem Vorreiter der deutschen Toilettenpapierlandschaft. Eine Rolle bestand damals aus 1.000 Blatt Krepppapier — eine raue Sache und nicht sehr hinternfreundlich, habe ich mir sagen lassen. Erst 1958 kam das weichere Tissue-Papier in Mode (natürlich ein Trend aus den USA).
Auch wenn andere schneller waren, kann Hans Klenk für sich verbuchen, dass zweilagige (1972), das dreilagige (1984) sowie das feuchte (1977) Toilettenpapier in Deutschland eingeführt zu haben.
Hans Klenk stammt aus Oßweil
1906 geboren, zog es ihn nach einer Bankenlehre in die wachsende Papierindustrie. Bei der Gründung seiner Firma 1928 machte sich der 22-jährige keine großen Gedanken über den Markennamen — er nahm einfach die Anfangsbuchstaben seines Vor- und Nachnamens und schwupp, war »Hakle« entstanden. Produziert wurden in der »Klenk & Co Ludwigsburg Klosettpapierfabrik«.
Später expandierte das Unternehmen, weil die Geschäfte so gut liefen, nach Mainz. Bald galt »Hakle« innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft — einem Vorläufer der EU — als größter Spezialpapierhersteller im Hygienebereich.
Unnützes Klopapierwissen
Die firmeneigene Zeitschrift von Hakle hieß »Die Rolle«.
Hans Klenk ist der Begründer des städtischen »Hans-Klenk-Heims« für alte und bedürftige Menschen in Ludwigsburg.
Wir Deutschen verbrauchen im Schnitt 18 Kilogramm Klopapier pro Jahr.
2016 waren es drei Milliarden Rollen insgesamt.
Die Italiener halten nicht viel von weiß — sie lieben buntes Papier.
Ist Toilettenpapier wirklich die beste Methode?
In vielen Kulturen wird nach wie vor Wasser und die linke Hand zur Reinigung des Hinterns genutzt. Dafür sind die Wasserschläuche in vielen asiatischen Toiletten gedacht. Klingt komisch? Ich plädiere hier für Offenheit! Warum nicht einmal ausprobieren? Du wäschst deine Hände ja auch nicht mit trockenem Papier ab, wenn sie schmutzig sind, oder? Mittlerweile kann man auch in Deutschland Po-Spritzflaschen für die feuchte Reinigung kaufen. Teste es doch mal. Ich finde: Man fühlt sich nachher viel sauberer!
Zum Abschluss noch die beliebte Frage: Wie hältst du es mit dem Klopapier? Falten oder knüllen?
Die Tendenz ist eindeutig: 66 Prozent der Deutschen falten ihr Papier vor Gebrauch. 7,4 Prozent knüllen es zusammen. Doch sie kommen auch noch auf ganz andere Ideen: Weitere 7 Prozent wickeln ihr Papier um die Hand und gut 4 Prozent (vor allem ältere Jahrgänge) legen Einzelblätter aufeinander. Logisch, die sind ja auch noch mit dem Zeitungspapier am Nagel aufgewachsen! Und dann gibt es noch die ganz Flexiblen (8 Prozent), die jedes Mal spontan entscheiden, wie sie ihr Papier benutzen.
Und du so?
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Bilder
Titelbild: Uriel SC
Hakle Museum: Hakle
Klorolle »Peinliche Angelegenheit«: Glen Carrie
alle anderen Bilder: Deborah Schulze