Carpool Karaoke mit Instagram-Star
Kennt ihr den angesagtesten Influencer in Ludwigsburg?
Nein, es ist keine Beauty-Queen, die vor laufender Kamera Tagescremes testet. Auch kein junger Hipster, der seine Follower teilhaben lässt, wie er morgens sein Müsli zusammenstellt. Es ist Uwe Baltner, 56 Jahre alt, der auf dem Weg zur Arbeit im Auto Lieder singt. Oha?
Kaum zu glauben, dass das viele Menschen interessiert. Am wenigsten geglaubt hat das wohl Baltner selbst. Der hat einfach sein Ding gemacht und unterwegs fröhlich vor sich hin gesungen. Schließlich ist der Weg von Backnang nach Ludwigsburg weit, da muss man sich die Zeit vertreiben. In Backnang wohnt er mit seiner Familie. In Ludwigsburg ist er Mitinhaber der Werbeagentur Baumann & Baltner in der Schorndorfer Straße.
Spaß am Singen gepaart mit Experimentierfreude
Klar hätte er auch Podcasts hören können, wie derzeit so viele andere Autofahrer. Aber er entschied sich fürs Singen. Da er ein extrovertierter Mensch ist und auch Instagram ausprobieren wollte, filmt er sich beim »Car Karaoke« mit dem Handy. Seit gut einem Jahr nun. Singt morgens auf dem Weg zur Arbeit Madonna, auf dem Heimweg Queen. Am nächsten Tag dann Kelly Rowland und Bob Marley. Und lädt die einminütigen Videos in seinem Instagram-Account hoch.
Heute sind es über eine Million Menschen, die sich täglich über neue Gesangsvideos von ihm freuen.
Erst schauen es sich nur wenig Leute an, dann immer mehr. Ich bin auf ihn aufmerksam geworden, als er gut 300.000 Follower hatte. Wo die alle herkamen? Baltner hat einfach die Musiker, deren Lieder er singt, in seinen Beiträgen verlinkt. Viele der Künstler teilten seine Videos mit ihren Fans und so stieg Baltners Reichweite rapide an.
Mein erster Gedanke:
Mit dem müssen wir was machen
Menschen auf der ganzen Welt folgen ihm, weil er sich auch an ghanaischen Rap herantraut und selbst vor Eminems schnellem Sprechgesang keine Scheu zeigt. Mein erster Gedanken war: Genial, mit dem muss »Hallo Ludwigsburg« was zusammen machen. Mir gefiel, dass er so keck und ungeniert einfach drauflos sang und auf manch unschöne Kommentare souverän und locker reagierte. Das muss man sich erst einmal trauen! Ein bisschen verrückt schien er auch, was ihn umso interessanter für uns machte.
Wie aber herankommen an den Instagram-Star?
»Der bekommt gerade sicher unzählige E-Mails mit Anfragen«, dachte ich mir. Also setzte ich mich kurzerhand aufs Fahrrad und fuhr zu seiner Agentur. Das wär eine schöne Geschichte geworden: Tabea klopft unverfroren an Baltners Tür und überzeugt ihn, ein gemeinsames Projekt zu starten. Pustekuchen — er war im Urlaub.
Ich habe ihn schließlich trotzdem überzeugt. Mit einer lustig und offen geschriebenen E-Mail.
Deshalb hier ein Tipp an alle, die jemanden für sich gewinnen wollen: Personality rules. Und Mut. Versuch es einfach! Warum sonst wäre Barack Obama im September zur Start-up-Konferenz »Bits & Pretzels« in München gekommen? Ganz einfach: Jemand hatte ihn gefragt.
Dann haben wir den Fiat 500 gerockt
So kam es also, dass Deborah und ich zwei Wochen später zu Baltner in den mittlerweile allseits bekannten Fiat 500 stiegen und sangen. Oh ja, und wie wir sangen! Welch komisches Gefühl, zu wissen, dass sehr viele Leute unser Video später schauen würden. Ganz besonders, weil ich Angst vorm Singen habe. Das konnte ich gut verbergen, nicht? Naja, ich habe auch eine Woche lange intensiv geübt.
Deborah hat da keine Hemmungen. Ich war froh, sie auf der Rückbank an meiner Seite zu haben. Sie träumt eh davon, einmal auf einer Bühne zu stehen und zu singen. Oder verrückt abzutanzen »like nobody’s watching«. Via Skype hat sie mir im Vorfeld noch Mut zugesprochen. Wir waren nämlich im Frankreich-Urlaub und so mussten wir beim gemeinsamen Singen-Üben kreativ werden. Fazit: Zusammen singen geht auch über die Entfernung. Nur die leichte Zeitverzögerung war etwas ungünstig.
Was Glaubenssätze so anrichten und warum ich die persönliche Komfortzone trotzdem verlassen habe
»Die Lerchs können nicht singen«, wurde mir früher immer gesagt. Sowas prägt dich. Dann traust du dich auch nicht.
Von daher war unser Singen mit Uwe Baltner eine echte Mutprobe für mich. Deshalb kommt hier gleich noch ein Tipp für euch: Lasst euch nicht von negativen Glaubenssätzen einschränken. Traut euch immer mal wieder, etwas zu tun, das euch eigentlich Angst macht. Ihr könnt daran nur wachsen!
Bei mir war es der Workshop »Singen für Ängstliche« in Marburg vor einigen Jahren, der den ersten Knoten löste. Dort standen lauter Leute wie ich im Kreis zusammen, die sich nicht trauten, Töne von sich zu geben. Eine Gesangslehrerin entlockte sie uns dann ganz behutsam, was sich toll anfühlte. Mit 27 lernte ich, dass ich eine Kopfstimme habe! Danach sang ich immerhin im kleinen Kreis und wurde zunehmend mutiger.
Ich denke, das ist auch die Botschaft von Uwe Baltner:
Sing einfach, denn es macht Spaß!
Sicher wird er mit seinem Gesang nicht die Welt ändern. Aber für mich ist Baltner ein Influencer, der Mut macht. Der uns zeigt, dass wir Freude haben sollten am Leben und an unserem Alltag. Anders als viele Internetstars, die einem ein tolles, glitzerndes Leben vorspielen und uns dadurch das Gefühl geben, mehr erreicht zu haben als wir selbst. Für Uwe Baltner bedeutet Singen einfach Entspannung. Es macht ihm große Freude und das sieht man in seinen Videos.
Der Songtitel von »Wir sind Helden« ist Programm
Du fragst dich, warum wir genau das Lied für unser Terzett ausgewählt haben? Ganz einfach: Gekommen, um zu bleiben ist das Statement von »Hallo Ludwigsburg« an alle da draußen, die noch an uns zweifeln. Wir sind angetreten, euch zu zeigen, was unsere schöne Stadt zu bieten hat. Nur bei uns findet ihr persönlich erzählte Storys über spannende Menschen, Orte und Events in Ludwigsburg. Ihr habt auch eine Idee, worüber wir berichten sollten? Schreibt es uns!
P.S.: Und danke an »Wir sind Helden« für diesen ausgesprochen schönen Liedtitel!
Bilder & Video
Titelbild »Gekommen um zu bleiben«: Katie Seigel
Video »Carpool Karaoke«: Uwe Baltner, Deborah Schulze
Bild von Uwe, Tabea und Deborah: Gerhard Baumann